Richtig messen - Wer mißt mißt Mist

dino03

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27. Okt. 2008
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Hallo zusammen,

man liest hier ja immer wieder das Leute irgendwelche Werte mit einem
Digitalmultimeter messen und die Werte dann als das absolut korrekte
Ergebnis ansehen. Ich will dazu mal einen kleinen Text verfassen ...

Kurz vorweg : DVM = Digitalvoltmeter ( Digitalmultimeter )

Wie der Spruch schon heißt "Wer mißt mißt Mist". Wenn man also irgendwas
mißt dann sollte man den gemessenen Wert auch richtig interpretieren und
wissen wo sich ein Meßfehler verstecken könnte. Wenn man nicht aufpaßt
schießt man nämlich meilenweit am Ziel vorbei.

Das einfachste sind dabei ganz normale Batterien. Sind die noch voll ?
Batt1.png
Meist wird das so gemacht. Einfach mal das Multimeter an die Batterie und
schon steht da 1,5V oder 9V oder was auch immer. Die Batterie ist am
Multimeter immer voll :D Wenn man dann was anschließt läuft trotzdem
nix. Was ist da schief gegangen ?

Man hat eigentlich dank des hohen Innenwiderstandes des Multimeters nur
die Leerlaufspannung der Batterie gemessen. Wenn sie leer wird, nimmt aber
der Innenwiderstand zu. Bei 10 Megaohm Last vom DVM merkt man aber vom
Innenwiderstand garnix. Man muß also einen Strom fließen lassen. Das geht
folgendermaßen ...
Batt2.png
Also einfach einen kleinen Widerstand (so zwischen 100 Ohm und 1 kOhm,
je nach Batterie) parallel und schon trennt sich bei den Batterien die Spreu
vom Weizen (die leeren von den vollen).

Wenn man in einer Schaltung etwas messen will muß man den Innenwiderstand
des DVM auch berücksichtigen. Bei einer hochohmigen Quelle belastet man
die Spannungsquelle (einen Sensor, Referenzspannungsquelle, ...) evtl so
stark das man alleine mit dem ansetzen des DVM den Meßwert verfälscht.
Hier ist es also genau andersrum. Hier sollte es möglichst hochohmig sein.

Identische Probleme bekommt man bei einer Strommessung. Wenn man das
DVM in den Stromkreis schaltet dann liegt zusätzlich der Innenwiderstand
des DVM in Reihe mit drin. Das beeinflußt auch den auftretenden Strom
den man eigentlich messen möchte. Versucht mal den Strom einer LED
Hintergrundbeleuchtung zu messen die 4,8V benötigt (3 rote LEDs mit 1,6V)
und einen Vorwiderstand von sagen wir mal 10 Ohm hat damit sich 20mA
einstellen (an 5V). Wenn man da ein DVM im Strommeßbereich reinschaltet
leuchtet an den LEDs auf einmal nichts mehr weil man im 100mA Bereich
evtl weitere 30-50 Ohm Innenwiderstand des DVM in Reihe geschaltet hat.
Legt mal bei einer Strommessung ein zweites Multimeter als Spannungsmesser
parallel zu dem das den Strom messen soll und wundert euch über die
Spannung die am Innenwiderstand abfällt.

Genauso passiert es bei der Messung von niederohmigen Widerständen.
Wenn man Widerstände von unter 100 Ohm messen will dann artet es eher
in ein schätzen aus weil der Übergangswiderstand der Meßspitzen zum
Meßobjekt schon mehrere Ohm betragen kann. Solche Messungen macht
man normalerweise mit einer Vier-Leiter-Messung.

Bei hochohmigen Widerstandsmessungen dagegen überbrückt man das
Meßobjekt evtl schon mit dem eigenen Körper wenn man die Meßspitzen
mit den Fingern an die Anschlüsse drückt. Also auch hier aufpassen.
Also bei über 10kOhm sollten die Finger an den Griffen der Meßspitzen
bleiben weil es hier sonst auch in Richtung Schätzung ausartet.

Schön ist auch immer die Messung an den Pins eines Mikrocontrollers.
Ja da liegt 2,5V an oder 3V oder 1V oder was weiß ich. Die Messung
könnte man genauso gut mit nem feuchten Finger machen :D So wird
das auf jeden Fall nichts. Die Betriebsspannungsanschlüsse oder andere
Pins mit statischen oder sich nur langsam ändernden Spannungen kann
man noch messen. Aber ab 1Hz aufwärts kommt nur noch Murks raus.
Wenn man wissen will was an dem Pin los ist besorgt man sich entweder
ein Oszilloskop um zu sehen das da ein Signal raus kommt oder man baut
sich folgendes ...
Recheck.png
(Für die Gastleser :D Ein Spannugsteiler mit 2x 680 Ohm zwischen +5V und
GND und vom Mittelpunkt 2 antiparallel geschaltete LEDs zum µC-Pin.
)
Wenn der Ausgang auf GND liegt leuchtet die grüne LED. Bei +5V leuchtet
die rote LED. Das könnte man noch mit einem DVM messen. Wenn aber
ein Rechtecksignal rauskommt (zB PWM) dann leuchten für das Auge beide
LEDs. Wenn keine der LEDs leuchtet dann ist der Pin entweder hochohmig
oder hinüber. Mit nem DVM würde man sich hier irgendwelche Einstreuungen
aus der Gegend einfangen und die auf der Anzeige sehen. Das wird auch
nichts.

Soviel erst einmal zu den Abenteuern die man mit einem Digitalmultimeter
erleben kann.

Und nun viel Spaß beim messen und nicht alles glauben was da auf der
Anzeige steht. Immer auch den Kopf einschalten :D

EDIT: Hier ...
Neu im Onlineshop: Logicanalyzer von Saleae Logic - Beitrag #19 - gewählte Samplerate und Meßgenauigkeit
hab ich was zu digitalen Meßgeräten geschrieben. Da digitale Meßgeräte
immer nur kurze "Lichtblicke" haben und dazwischen quasi blind sind
(Samplerate) muß man aufpassen was man da angezeigt bekommt.
Also immer zuerst den Kopf einschalten wenn man was messen will
( und nicht nur dann) .

Gruß
Dino
 
Hi Dino,

schön die Hinweise, um Messfehler zu vermeiden. Du bist der Profi, hast es gelernt und das will ich nicht in Frage stellen.

Aaaaber:

Meißt wird das so gemacht. Einfach mal das Multimeter an die Batterie und
schon steht da 1,5V oder 9V oder was auch immer. Die Batterie ist am
Multimeter immer voll :D Wenn man dann was anschließt läuft trotzdem
nix. Was ist da schief gegangen ?

Läuft ein Gerät nicht oder nicht mehr richtig, messe ich z. Bsp. an der Batterie (kein Akku) 1.05V. Leer - weg - nächste. Wieso ist das ein falsches Ergebnis?

Identische Probleme bekommt man bei einer Strommessung

Wenn ich den errechneten Strom von z. Bsp. 2.5mA messe - warum soll das Ergebnis dann event. falsch sein?

Vielleicht kommt es auch darauf an, ob man mit einem Fluke oder mit einem DMM für €15 oder €30 misst - oder?


Grüsse,

Michael
 
Hi Michael,

als erstes vorweg ... jede Messung verändert die Gegebenheiten in der
Schaltung. Damit hast du zwangsweise einen selbst erzeugten Meßfehler.

Läuft ein Gerät nicht oder nicht mehr richtig, messe ich z. Bsp. an der Batterie (kein Akku) 1.05V. Leer - weg - nächste. Wieso ist das ein falsches Ergebnis?
dann ist die Batterie aber schon verdammt leer :D Wenn man eine leere
Batterie aus dem Gerät nimmt und etwas liegen läßt dann erholt sie sich in
einem gewissen Umfang. Wenn du dann ein DVM mit 10M Innenwiderstand
dranschaltest belastest du sie nicht und sie kann an dem DVM 1,5V haben.
Wenn du jetzt aber Strom ziehst dann bricht sie wieder zusammen und hat
dann evtl nur noch 1,2V oder 1V. Batterien sollen ja Strom liefern. Also sollte
man sie auch unter realistischen Bedingungen (mit einer Last) messen um zu
sehen ob tatsächlich noch was drin ist. Wenn man eine Batterie aus einem
Gerät nimmt das etwas mehr Strom braucht kann man sie evtl ohne Probleme
noch in einer LCD-Uhr einsetzen weil die evtl nur 1-2mA zieht. Da kann man
die Batterie dann bis zum letzten leersaugen :D

Wenn ich den errechneten Strom von z. Bsp. 2.5mA messe - warum soll das Ergebnis dann event. falsch sein?
Das kommt auf den Innenwiderstand des Meßgerätes an. Der kann sich mit
dem Umschalten in einen anderen Meßbereich ändern. Wenn man zB 20mA
messen will dann versuch das mal im 25mA-Bereich und mal im 250mA-Bereich.
Das kann bei manchen Meßgeräten zwei vollkommen verschiedene Ergebnisse
liefern weil der 25mA-Bereich einen höheren Meßwiderstand in Reihe schaltet.

Vielleicht kommt es auch darauf an, ob man mit einem Fluke oder mit einem DMM für €15 oder €30 misst - oder?
Das hat wenig mit dem Preis für ein Meßgerät zu tun. Für mich gehört zu
einem Meßgerät normalerweise auch immer eine Seite mit Daten dazu wo
genau steht wieviel Innenwiderstand das Gerät in welchem Bereich hat.

Bei meinem TrueRMS-DVM steht zB drin ..
Jeder der Spannungsbereiche (bis auf mV), egal ob Wechsel- oder Gleichspannung, weist einen Eingangswiderstand von 10MOhm auf (parallel zu <100pF). der mV-Bereich weist einen Eingangswiderstand von >1GOhm (G=Giga) parallel zu <3pF auf. ...

Bürdenspannung (Spannungsabfall bei Strommessung) ...
400µA-Bereich 1mV/µA
400mA-Bereich 1mV/mA
20A-Bereich 10mV/A

usw ...
Also hat das DVM zB im 400mA-Bereich einen Innenwiderstand von ...
1mV/1mA = 1 Ohm. Soviel zu dem Innenwiderstand der mit drin liegt.

Durch diese Angaben kann man wenigstens interpretieren ob man das
Meßergebnis noch gebrauchen kann oder ob es total nach dem Mond ist.

Gruß
Dino
 
Ok, Dino, ich hab's doch verstanden....;)


Grüsse,

Michael
 
Guter Artikel! :party:
 
Hallo zusammen,

ich hab hier mal ein wenig für die Praxis ...

Es gibt ja unter anderem auch bei Pollin diese kleinen DVM-Module die man
heutzutage gerne statt der früheren Drehspulinstrumente einsetzt. Zum
Beispiel bei selbstgebauten Netzteilen usw.

so sehen die aus ...
P1040327.JPG
kosten so zwischen 5,- und 10,- euro. Je nachdem wo man einkauft. ;)

Allerdings haben die ein Problem ... sie benötigen eine Versorgungsspannung
die unabhängig von der Meßspannung sein muß. Sie darf also galvanisch
nicht mit der Meßspannung verbunden sein. Das geht zwar am einfachsten
mit nem 9V-Block aber wer baut sich in sein Gerät ne Batterie rein wenn es
sowieso schon nen Netzteil drin hat. Also nimmt man entweder nen extra
Trafo mit Siebung, 9V-Regler, ... :rolleyes: oder mann nimmt nen Trafo mit
2 Sekundärwicklungen usw ... :rolleyes: Aber es geht auch viel einfacher ;)
P1040329.JPG
Ich habe bei Reichelt einen kleinen DC-DC-Wandler mit 5V auf 9V besorgt
und mit ein paar Kondensatoren am Eingang und Ausgang für ne ruhige
Spannung gesorgt. Das ist meiner Meinung nach die einfachste und kleinste
Lösung. Es reicht der kleinste 1W-Wandler aus. Kleinere gibt es nicht.
Die Eingangsspannung ist gegenüber der Ausgangsspannung bis 1000V
isoliert. Das sollte für die meißten Heimanwendungen ausreichen.
Anhang anzeigen SIM1-0505S_DIL8_sim10505s.pdf
Einen Schaltplan kann ich mir bei 4 Bauteilen (Wandler und 3 Kondensatoren)
wohl sparen :D

Bei mir werden die über das Steckbrett bei AVR-Basteleien mit den 5V für
Digitalkram mitversorgt und ich kann dann an beliebiger Stelle in der
Schaltung messen was für eine Spannung oder Strom anliegt. Je nach
äußerer Beschaltung des Moduls (Spannungsteiler, Shunt, ...)

Gruß
Dino
 
Meßbereichserweiterungen

und noch ein wenig Kleinkram für die Module ...

Die Module können ja maximal 200mV messen (0,2V !). Das ist natürlich meißt
zu wenig. Also muß man irgendwie mit Spannungsteilern und Shunts den
Bereich auf den Strom und die Spannung erweitern was man messen will.

Hier mal ein umschaltbarer Spannungsteiler ...
Spannungsteiler.png

und hier ein umschaltbarer Shunt ...
Shunt.png
Bei der Strommessung fallen immer maximal 0,2V ab. das muß man
berücksichtigen wenn man das Meßgerät in die Schaltung einschleift. Wenn
man so einen großen Spannungsabfall nicht gebrauchen kann wird es ein
wenig komplizierter. Man benötigt dann einen Meßverstärker mit OPAmps.

Grundsätzlich gilt bei Meßgeräten immer ... wennn man sich eine Erweiterung
für den Meßbereich baut sollte man vor allem bei den Stroombereichen den
Übergangswiderstand der Umschaltkontakte und der Meßspitzen auf keinen
Fall unberücksichtigt lassen. Wenn man einen Shunt mit 0,1 Ohm benutzt
dann können die Kontakte des Schalters und die Meßspitzen ohne weiteres
einen größeren Widerstand besitzen als der Shunt selber. Also drauf achten
wie man das verkabelt um nicht nachher Mond-Werte zu bekommen.

Gruß
Dino
 
DVM-Modul mit Meßbereichsumschaltung erweitert

Hallo zusammen,

hier nun mal eine kleine Meßbereichsumschaltung für ein DVM-Modul von Pollin ...
(Digital-Panelmeter PM438 - Bestellnummer: 830 057 - 5,95eur)

Mit einer Tabelle in OpenOffice hab ich mir die Werte für den Spannungsteiler
zusammengerechnet ...
Anhang anzeigen Bereichserweiterung_Spannungsteiler_DVM.zip

Die Schaltung sieht danach folgendermaßen aus ...
DVM-Modul_Teiler.png

Nach ein wenig mechanischer Arbeit und rumgelöte ist das folgende Werk
aus Widerständen, Spectrol-Cermet-Spindeltrimmern und einem Umschalter
entstanden. Die Bauteile flogen hier noch rum ...
P1040331.JPG P1040332.JPG

ACHTUNG! :stop: Diese Schaltung auf keinen Fall am Stromnetz verwenden!
Die Isolation ist nicht dafür ausgelegt. Wenn man da anpackt braucht man
keinen Arzt mehr !
:eek: Der 200V-Bereich ist nur für LCDs mit EL-Beleuchtung
gedacht die über einen Inverter betrieben werden. Dabei ist alles komplett
galvanisch vom Stromnetz getrennt und von Niederspannung versorgt. Der
Inverter erzeugt dann aus einer kleinen Spannung die 110V/400Hz für die
Elektrolumineszenz-Folie der Hintergrundbeleuchtung.

Bei Experimenten mit 230V die Schaltung UNBEDINGT über einen Trenntrafo
betreiben !
Wenn man keinen hat nimmt an sich zwei gleiche Trafos mit
entsprechender Leistung (zB. 12V/1A, 24V/2A, ... oder mehr). Aber immer
zwei gleiche Trafos nehmen. Die schaltet man dann mit der Sekundärseite
zusammen. Also 12V auf 12V. Wenn man dann den ersten Trafo mit 230V
versorgt betreibt der mit seiner Niederspannungsseite die Niederspannungsseite
des zweiten und der setzt das wieder auf 230V hoch. Durch diese Maßnahme
ist man dann galvanisch vom Netz getrennt. Die Ausgangsspannung des
zweiten Trafos ist dann "frei schwebend" ohne Verbindung zur Erde.
Aufpassen sollte man aber trotzdem noch! Netzspannung ist immer gefährlich!

Gruß
Dino
 

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